Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, Ratsmitglieder aller Fraktionen,
Herr Bürgermeister, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und anwesende Medienvertreter.
Zu Beginn möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen.
Eine Geschichte von einem Land mit boomender Wirtschaft und funktionierender Infrastruktur, mit besten Schulen und gelingender Digitalisierung, mit ausreichend Arbeitskräften und mehr als genug Kita-Plätzen.
Es ist eine Geschichte von Chancengerechtigkeit, eine von Teilhabe, Optimismus und einem Versprechen an die Zukunft.
Leider, meine sehr geehrten Mitglieder des Rates, ist es tatsächlich nur: ein schönes Märchen, eine Geschichte.
Denn die Realität in der Bundesrepublik Deutschland und vor allem in unseren Städten und Kreisen ist derzeit eine andere.
Es ist für die Kommunen die schlechteste Finanzlage seit Jahrzehnten.
Die Ausgaben steigen aufgrund immer größer werdenden Anforderungen rasant.
Die Eigenanteile an viel zu vielen unterschiedlichen Förderprogrammen können nicht mehr gezahlt werden, die Sozialkosten explodieren und nötige Investitionen können nicht mehr getätigt werden.
Die Städte und Gemeinden in NRW leben seit Jahren von der Substanz. Um das zu ändern, müssen das Land und der Bund die Zuweisungen erhöhen.
Fast alle Städte und Gemeinden in NRW haben ihre Finanzsituation bis 2028 in den jüngsten Umfragen der kommunalen Spitzenverbände als eher schlecht bis sehr schlecht bewertet.
Kaum eine Kommune wird demnach mittelfristig noch einen ausgeglichenen Haushalt schaffen.
In den meisten Städten und Gemeinden wird bis dahin der letzte Notgroschen verbraucht sein, wenn sich nicht grundlegend etwas ändert.
Der daraus resultierende Sparzwang wird sich auf die Bürgerinnen und Bürger auswirken, wenn für die Instandsetzung, den Bau und Betrieb unserer Straßen, im Sport, in der Kultur, in Schulen und Kitas, für den Bevölkerungsschutz die notwendigen Geldmittel fehlen, hat das direkten Einfluss auf die Lebensqualität in unserer Stadt.
Kommunale Handlungsfähigkeit sichert auch die Grundlage für den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Demokratie.
Am 23. Februar finden die vorgezogenen Bundestagswahlen statt, auch hier stehen die Städte und Gemeinden vor großen Fragezeichen, wir brauchen von allen Parteien im Bundestag die klare Ansage, dass wir uns auch nach den Neuwahlen auf die zugesagten Fördermittel und Finanzzusagen des Bundes verlassen können, ganz gleich wer die neue Bundesregierung stellt. Nach den Wahlen sollte die neue Regierung dann möglichst schnell an vielen Stellschrauben drehen, um Deutschland wieder wettbewerbsfähig in der Welt zu machen.
Dies sind beispielsweise der Bürokratieabbau, das Vorantreiben der Digitalisierung der Verwaltungen, die spürbare Senkung der Energiekosten, die Bremsung des Anstieg der Lohnnebenkosten durch mutige Sozialreformen und das Bildungssystems muss erneuert werden, das funktioniert nur, wenn die Länderkompetenz an den Bund abgegeben wird.
Hinzu kommt, dass die Infrastruktur, Brücken, Straßen und das Schienennetz im Eiltempo modernisiert und die Investitionsbedingungen generell verbessert werden müssen.
Kommen wir jetzt zu unserem Haushaltsplan 2025.
Zunächst möchte ich auf den Jahresabschluss 2023 eingehen. Wir konnten einen Jahresüberschuss von 1,75 Millionen Euro verzeichnen, was vor allem auf unerwartete Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 5,5 Millionen Euro zurückzuführen ist. Diese positive Entwicklung hat uns in der Vergangenheit gestärkt und gab uns einen gewissen Spielraum für die kommenden Herausforderungen. Das planerische Defizit in der Ergebnisrechnung des Haushalts 2024 von 11,335 Mio. € (bzw. 10,0 Mio. € ohne globalem Minderaufwand) wird erfreulicherweise nicht eintreten. Erreicht wird dieses unter anderem durch einen Nachlass der Kreisumlage von 1,2 Mio. €, guten Gewerbesteuereinnahmen und Einkommensteueranteilen.
Die Prognose für 2024 beläuft sich dann hoffentlich nur auf ein Defizit von knapp 5 Mio. € sowie einem Liquiditätsdarlehen von 4 Mio. €
Dennoch müssen wir realistisch bleiben.
Schon im letzten Jahr erwähnte ich in meiner Haushaltsrede, das 2024 das größte Defizit unserer Stadt in meiner politischen Laufbahn war, aber leider hat der Haushaltsplan 2025 diese Aussage noch einmal übertroffen. Das hat mich erschrocken, wo wird die Reise in Zukunft hingehen?
Für die Hansestadt Warburg heißt das laut Kämmerer Andreas Niggemeyer ganz konkret: „Der heute vorgestellte Haushaltsentwurf mit den tagesaktuellen Zahlen stellt sich im Ergebnisplan wie folgt dar:
Erträgen von rd. 53,1 Mio. Euro stehen Aufwendungen von rd. 69,5 Mio. Euro gegenüber.
Dies führt zu einem Jahresfehlbetrag von 16,4 Millionen Euro. Nach Abzug des globalen Minderaufwands verbleiben uns noch ein Haushaltsdefizit von rd.15 Millionen Euro.“
Ein wesentlicher Bestandteil der Erträge setzt sich aus Steuern und ähnlichen Abgaben zusammen. Hier erwarten wir Mehrerträge von 1,88 Millionen Euro gegen über 2024. Die Erträge aus der Gewerbesteuer und der Anteil an der Einkommensteuer werden steigen, während wir bei der Umsatzsteuer und der Vergnügungssteuer mit einem Rückgang rechnen müssen. Die Haushaltsansätze für die Grundsteueranteile A und B bleiben gegenüber 2024 fast gleich.
Bei den Zuwendungen und den allgemeinen Umlagen haben wir leider mit Mindererträgen von 4,5 Mio. € zu rechnen. Das ergibt sich aus den Senkungen der Zuweisungen von Bund und Land und der Schlüsselzuweisung, die alleine schon rd. 4,1 Mio. € ausmacht. Diese Entwicklung ist bedauerlich, da sie unsere finanziellen Spielräume weiter einschränkt.
Kommen wir nun im Gesamtergebnisplan zu den Aufwendungen.
Die Transferaufwendungen tragen mit 33,7 Millionen Euro den größten Anteil, darin enthalten ist auch die Kreis- und Jugendamtsumlage, von rd. 27,4 Mio. €, die sich nicht oder nur mittelbar beeinflussen lässt. Das bedeutet wieder mal eine Zunahme von ca. 2,4 Mio. € gegenüber 2024.
Die Kreisumlage hat sich seit der Kommunalwahl 2020, also in den letzten fünf Jahren, um 9,2 Millionen Euro erhöht, was uns und auch die anderen Städte im Kreis jedes neue Haushaltsjahr vor zusätzliche Herausforderungen stellt.
Weiter sind die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen mit 11,8 Millionen Euro zu nennen, hier hat der Kämmerer schon rd.1,4 Mio. € weniger angesetzt, als im Haushalt 2024, hier müssen wir aber weiterhin unsere städtischen Liegenschaften, Gebäude, den Brandschutz, das Straßenbudget, das Quartiersmanagement, usw. im Auge behalten. Die steigenden Personalaufwendungen mit 11,4 Millionen Euro sind seit jeher ein Thema. Wir müssen die Personalkosten genau analysieren und überdenken. Dies könnte bedeuten, dass wir nur wenige, absolut unerlässliche neue Stellen schaffen und die bestehenden Personalkosten durch Effizienzsteigerungen und Umstrukturierungen senken. Bis hin zu einem radikalen Einstellungsstopp muss alles denkbar sein.
Für das Jahr 2025 planen wir eine Kreditaufnahme von 9 Millionen Euro zur Deckung der investiven Auszahlungen sowie eine Kreditaufnahme für Liquiditätskredite von 11 Millionen Euro. Dies wird mit Zinsen in Höhe von 750.000 Euro verbunden sein, was unsere finanzielle Situation weiter belastet.
Im Gesamtfinanzplan sind rd. 15 Millionen Euro für Investitionen vorgesehen.
Was also bekommen die Bürgerinnen und Bürger von ihrer Stadt?
Da sind die Pflichtaufgaben und einige Investitionen in die Zukunft.
Als Investitionsschwerpunkte sind zu nennen, der Erwerb von unbebauten Grundstücken, der Ausbau von Radwegen, das Haus des Gastes in Germete, die Sanierung des HRB Teichmühle in Germete, die Sanierung der Feuerwehrgerätehäuser in Welda und Herlinghausen sowie die Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen, zudem investieren wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen weiter in Bildung und Erziehung, in Infrastruktur und Stadtentwicklung, in Klimaschutz und Mobilität, in Sicherheit und Ordnung.
Am Ende bleibt es aber doch bei einer riesigen Lücke im Ergebnishaushalt, die inakzeptabel ist, weil sie eben strukturell bedingt ist.
In den Projektlisten gibt es kaum Spielraum, da nahezu alle großen Projekte bereits beschlossen sind.
Hier nur ein paar Beispiele: das neue Schwimmbad, Brandschutzmaßnahmen an den Schulen und öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen, neue Feuerwehrhäuser und Feuerwehrfahrzeuge sowie viele andere wichtige und sinnvolle Projekte.
Aber vor welchen Herausforderungen stellen wir unsere Nachfolger/innen im Herbst nach der Kommunalwahl?
Die Verschuldung unserer Stadt nimmt in einem Maße zu, das unsere finanzielle Handlungsfähigkeit erheblich einschränkt. Trotz unserer Bemühungen in den vergangenen Jahren, die Schulden zu reduzieren, sehen wir uns nun mit einer besorgniserregenden Tendenz konfrontiert.
Es kann kein „weiter so“ geben. Doch tun wir seit Jahren genau dies… Wir machen immer weiter… Diese Botschaft richtet sich nicht nur an die Bürgerschaft, Verwaltung und Stadtrat, sondern besonders auch an Land und Bund.
Unser vorliegender Haushalt und die mittelfristige Finanzplanung sind ehrlich und nicht schöngerechnet. Die gesetzlichen Verpflichtungen, gerade in der Kinderbetreuung, im Ganztagesbereich, auch im Schulbereich, im Brandschutz und im Klimaschutz, sind einkalkuliert. Die notwendigen Projekte für Warburg und seine Ortsteile sind eingerechnet. Durch diese Ehrlichkeit wird aber auch schnell klar, dass Warburg damit überfordert sein wird. Ein schwacher Trost ist, dass unzählige Kommunen in einer ähnlichen Lage wie die Hansestadt Warburg sind.
Aber die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, wo das hinführen soll und wie wir als Entscheidungsträger mit dieser Entwicklung umgehen sollen.
Wir müssen eine strikte Haushaltsdisziplin einhalten und alle Ausgaben kritisch überprüfen. Dies bedeutet, dass wir nur die absolut notwendigen Ausgaben tätigen und alle nicht zwingend erforderlichen Projekte verschieben oder sogar streichen.
Welche sind das?
Dies kann nur über die politische Meinungsbildung funktionieren. Es kann und darf aber nicht nur die Streichung von Freiwilligkeitsleistungen sein. Vielleicht müssen wir auch bei den Pflichtaufgaben mehr in den politischen Ungehorsam gehen. Weiter sollten wir durch die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen Synergien nutzen und Kosten sparen. Dies könnte durch gemeinsame Projekte und den Austausch von Ressourcen erreicht werden, wie z.B. die interkommunale Zusammenarbeit zur Entwicklung des Gewerbe- und Industrieparks Desenberg zeigt. Diese und weitere Maßnahmen könnten dazu beitragen, die finanzielle Situation der Hansestadt Warburg zu verbessern und die Verschuldung zu reduzieren. Es ist wichtig, dass wir diese Möglichkeiten sorgfältig prüfen und umsetzen, um eine nachhaltige und stabile finanzielle Zukunft für unsere Stadt zu gewährleisten.
Zudem sollten wir auch noch einmal die Ortsbugets in Augenschein nehmen, hier haben wir im Haushalt 2025 einen Übertrag aus 2024 von 203.000 €.
Zustande kommt diese Summe, weil ab dem HHJ 2021mit Zustimmung aller Fraktionen im Rat, neue Modalitäten bei der finanziellen Ausstattung der Ortsbudgets berücksichtigt wurden. Ein Grund dafür war, dass mit der Erhöhung der Ortsbudgets die allgemeinen Haushaltsanmeldungen der Ortsvorsteher entfallen sollen. Davon ausgenommen sind nur die Investitionen in die Bausubstanz von Hallen/Dorfgemeinschaftshäusern und öffentlichen Einrichtungen (KiGa, Schulen, Turnhallen, FGH).
Daher sollten wir bei Haushaltsanmeldungen der Ortsvorsteher, wie das Beispiel von Nörde für Bestuhlung und Tische für die Gemeindehalle zeigt, erst die Ortsbugets zur Finanzierung mit heranziehen. Bei höherem Investitionsbedarf sollte dann weiter angespart werden oder es sind politische Einzelfallentscheidungen notwendig. Aber beachten sollten wir, dass eine Gewährung der Finanzierung für einen Ortsteil den Anspruch anderer Ortsteile zur Folge hat. Als Folge davon muss ein Umdenken bei jeder Bürgerin und bei jedem Bürger, bei jedem Beschäftigten der Stadt, den Bezirksverwaltungsstellenleitern, den Ortsvorstehern und bei jeder Stadträtin und jedem Stadtrat stattfinden. Es ist Pflicht und Aufgabe des Rates, genau hinzuschauen, wofür das Geld ausgegeben wird. Wir können uns die aktuelle Situation und die aktuellen Ansprüche schlichtweg nicht mehr leisten.
Bitte lassen Sie uns nicht nur heute bei den Haushaltsreden darüber reden, sondern dieses als Überschrift und Anreiz nehmen, für die kommenden Monate und Jahre in unserem politischen Handeln.
Es ist niemandem geholfen, wenn wir als Kommune unsere Handlungsfähigkeit verlieren und ohne massive Änderungen, auch in den folgenden Jahren, wird dies schnell der Fall sein.
Dies ist ein Appell an uns alle hier in diesem Raum.
Zum Schluss darf ich mich noch bedanken, an aller erster Stelle bei allen Steuerzahlern, eine besondere Position nehmen hier im kommunalen Haushalt die Gewerbesteuerzahler ein, ohne Ihre Leistungsfähigkeit wäre unser Haushalt überhaupt nicht denkbar – vielen Dank!
Vielen Dank auch an alle Ehrenamtlichen, in den unterschiedlichen Vereinen, den Kirchen, den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr, des Deutschen Roten Kreuzes und des Technischen Hilfswerks.
Außerdem danken wir für das kollegiale Miteinander im Stadtrat über Fraktionsgrenzen hinweg, ebenso Herrn Bürgermeister Scherf sowie allen Fachbereichsleitungen der Stadtverwaltung, der Stadtwerke und KUW, mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Herrn Andreas Niggemeyer mit dem gesamten Team gilt unser besonderer Dank für die Erstellung des Haushalts und dessen soliden finanzwirtschaftlichen Haushaltens, auf welches wir in diesen schwierigen Zeiten angewiesen sind.
Verehrte Ratskolleginnen und -kollegen, das Jahr 2025 wird sicherlich ein weiters spannendes Jahr, die bevorstehende Bundestagswahl, die gerade erst stattgefundenen Präsidentschaftswahl in den USA, und den daraus folgenden täglichen neuen Überraschungen, die Kommunalwahl im Herbst, der nicht enden wollende Ukrainekrieg, die Ungewissheit im Gaza-Streifen, und dem Kongo, all das sind Ereignisse, die auch den Ausgang unseres Haushaltsjahres noch beeinflussen können.
Kommen wir nun zum Abschluss, sicherlich sind Sie nicht mit allen Finanzierungen, Kürzungen, Einsparungen und Streichungen in diesem Haushalt einverstanden und haben in ihren Fraktionen heftig darüber diskutiert, aber wir sollten als Rat der Hansestadt Warburg geschlossen auftreten und gemeinsam mit der Verwaltung in diesen schwierigen Zeiten handeln, um das Beste für unsere Stadt Warburg, ihre Ortsteile und ihre Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen. Daher wird die Fraktion der Bürger Union dem Haushaltsplanentwurf, der Änderungsliste und den Anträgen der Fraktionen, mit Ausnahme des Antrags der CDU-Fraktion zur Finanzierung der Bestuhlung und Tische für die Gemeindehalle Nörde, zustimmen.
Sicher ist es für Sie, aber auch für mich als vierter Redner zum selben Thema nicht einfach, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, aber es ist nun einmal so und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Warburg, 11. Februar 2025
Gerhart Rose