Haushaltsrede der Bürger Union 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Scherf, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher/innen der Ratssitzung und Vertreter/innen der Presse,
aufgrund der aktuellen Ereignisse, der Corona-Virus hat uns fest im Griff, wie meine Vorredner schon ausführlich erörtert haben, werde ich mich möglichst kurz fassen, um diese Sitzung nicht unnötigerweise zu verlängern. Gestatten Sie mir aber doch an dieser Stelle einen kurzen Ausflug in die aktuelle wirtschaftliche Situation der Bundesregierung zu machen, um die finanziellen Schwierigkeiten in die wir alle stecken besser zu verstehen.
Wie sich die Pandemie durch den COVID-19 Virus, der Klimawandel und der Brexit für die EU auf unsere wirtschaftliche Situation in diesem oder nächsten Jahr auswirken wird, wissen wir alle nicht. Mit Angst und Zögerlichkeit lässt sich allerdings keine Zukunft gestalten. Der Freihandel ist jedenfalls eher auf dem Rückzug und für einen vielfachen Exportweltmeister wie Deutschland ist das gefährlich. In Deutschland brummt die Wirtschaft seit der Rezession vor nunmehr 12 Jahren dank des schwachen Euros kontinuierlich. Allerdings ähneln etliche Parameter in der Wirtschaftsforschung inzwischen wieder denen von 2008. Manche Fachleute bezeichnen unsere derzeitige Situation auch als das 3-N-Zeitalter: Niedrigzins, Nullzins, Negativzins. Die Gekniffenen sind die Sparer und Steuerzahler, aber diese scheinen die zahmste Bevölkerungsgruppe von allen zu sein. Sie erdulden den in der Summe gigantischen finanziellen Aderlass ergeben.

Die Corona-Krise hat im Jahr 2020 nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zu einem Finazierungsdefizit des Staates in Höhe von 139,6 Milliarden Euro geführt. Das war das zweithöchste Defizit seit der deutschen Vereinigung, nur übertroffen vom Rekorddefizit des Jahres 1995, in dem die Treuhandschulden in den Staatshaushalt übernommen wurden.
In der Corona-Krise hat der Bund die Neuverschuldung auf den Rekordwert von 218 Milliarden Euro und die Ausgaben von ursprünglich geplanten 362 auf 509 Milliarden Euro getrieben. Im nächsten Jahr plant der oberste Kassenwart mit weniger Ausgaben, aber auch dann sollen es immer noch 400 Milliarden Euro sein. Das Problem bei den Ausgaben ist anders als bei den Einnahmen nicht nur Corona, sondern auch den Beschlüssen der Großen Koalition vor der Krise geschuldet. Die Grundrente, das Klimapaket, mehr Mittel für die Kommunen oder gestiegene Personalkosten usw. führen zu milliardenschweren Mehrausgaben jedes Jahr. Dann kommen noch, aufgrund der Wirtschaftskrise, die historischen Steuerausfälle hinzu. Im Vergleich zur Vorkrisen-Zeit fallen die Einnahmen für den Bund dieses Jahr um 53 Milliarden geringer aus, im nächsten Jahr fehlen geschätzte 34 Milliarden. Frühestens 2023 soll der Bund wieder so viele Steuern einnehmen wie 2019. Erfahrene Haushaltspolitiker sind ratlos, wie dies ohne höhere Einnahmen gelingen soll.
Der Staat, aber auch die Kommunen, sind keine produzierenden Betriebe, die dann ein neues, modernes und lukratives Produkt auf den Markt bringen und es mit hohen Gewinnen an die Verbraucher verkaufen können und so ihre Einnahmen gegenüber den Ausgaben steigern können. Der Staat und auch die Kommunen müssen mit dem haushalten, was ihnen an Steuereinnahmen zur Verfügung steht.
In der Zeitung war in der letzten Woche schon zu lesen, dass es nach den Bundestagswahlen Steuererhöhungen geben soll. Aber wie weit kann man den Bürger belasten, auch die Rentenkassen sind leer. Die Jahrgänge der Babyboomer gehen in den nächsten Jahren in Rente, bzw. Pension, Fachkräftemangel herrscht jetzt schon und wird sich dann verschärfen. Experten prophezeien, dass das System spätestens 2030 kollabieren wird, wenn es keine Veränderung bei den Beitragszahlungen in die Rentenkassen geben wird. All das sieht für die nächsten Generationen nicht rosig aus.
Kommen wir jetzt zu dem Haushalt der Stadt Warburg, der ja auch von den den Bundesfinanzen mit betroffen ist, denn aufgrund der angespannten Haushaltslage des Bundes und auch der Länder, werden sicher auch die Fördergelder nicht mehr nach dem bekannten Gießkannenprinzip fließen.
Daher stehen auch wir in diesem und den nächsten Jahren vor einer schwierigen finanziellen Herausforderung.
Die Gewerbesteuer, die im Jahr 2020 trotz der Corona bedingten Wirtschaftskrise, fast die Höhe des geplanten Haushaltsansatzes von 2020 erreicht hat, wird in 2021 um ca. 4.000.000 € geringer angesetzt. Dieses tut uns zwar sehr weh, aber wir waren in den letzten Jahren, was diese Einnahmen betrifft, auch sehr verwöhnt. Auch die andere große Einnahmequelle, der unter dem Klimawandel leidende Stadtwald, der zwar in den letzten 3 Jahren noch Gewinne erbrachte, das aber nicht wirtschaftlich war, weil der Preisverfall für den Festmeterholz nur über den hohen verkauften Festmeteranteil erreicht wurde, fällt für die Zukunft aus, schlimmer noch, wenn wir den Wald für unsere Nachkommen erhalten wollen, müssen wir in diesen, in den nächsten Jahren hohe Summen investieren.
Grundsätzlich werden Investitionen nach Pflichtaufgaben und dem Motto „Schön, dass wir das unseren Bürgern bieten können“ eingeteilt. Priorität, Einsparpotenzial und Notwendigkeit wird hinterfragt, so dass die Vorhaben im Haushaltsplan aus unserer Sicht größtenteils unumgänglich sind. Aber auch ein antizyklisches Verhalten kann helfen, einen Haushaltsplan noch besser zu machen, so kann es auch ratsam sein, an der einen oder anderen Stelle auch einmal nur das Allernötigste zu machen.
Die Beträge, die wir dann investieren, führen allerdings dazu, dass unsere schöne Stadt Warburg mit ihren Ortsteilen weiterhin attraktiv bleibt und den Bedürfnissen der Bürger/innen entspricht
Klar dabei ist aus unserer Sicht, dass Pflichtaufgaben vor Freiwilligkeitsleistungen stehen.
Eine der obersten Pflichtaufgaben ist mittlerweile die Betreuung von Kindern geworden, eine weitere Pflichtaufgabe sind die Schulen und ihnen angegliederte Turnhallen. Diese stehen in Warburg traditionell im Fokus und ihren Erhalt bzw. Neubau von Kindergärten lässt sich die Stadt im Jahr 2021 wieder einen Millionenbetrag an Investitionen und normalem Unterhaltsaufwand kosten. Dies ist einerseits viel Geld, aber andererseits auch gut investiert, denn hier werden die kommenden Generationen betreut und hoffentlich gut ausgebildet. Eine weitere wirtschaftliche Investition ist eine rechtzeitige Sanierung von Gebäuden, Straßen und Radwegen, außerdem gibt es hohe Zuschüsse für diese Maßnahmen. Dass allerdings, die auch von der Bürger Union befürwortete Sanierung der Dreifach-Turnhalle und der angrenzenden Hausmeisterwohnung ca. 753.000 € kosten soll, verwundert uns. Unsere Verwaltung plant gerne auf der sicheren Seite, aber wir wollen da hinterher keine goldenen Türklinken vorfinden.
Ein weiterer Verantwortungsbereich der Stadt ist alles, was mit Bauen zu tun hat, zum Beispiel die Laurentiushöhe, die Erschließung von Baugebieten, der Bau eines Kreisels Industriestraße/ Speckgraben usw. also in Investitionen für unsere Bürgerinnen und Bürger. Hier geht es um Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum und teilweise auch einfach um den Erhalt von Infrastruktur. Dann gibt es da noch die Anträge auf Unterstützung der sogenannten Dritten, wobei wir der Meinung sind, diese Anträge könnten ganz oder zu mindestens zu 50% aus den neuen, sehr gut, aufgestockten Ortsbudget getätigt werden. Dies ist einerseits keine Pflichtaufgabe der Stadt, aber andererseits gibt es Niemanden sonst, der das in die Hand nehmen könnte. Wir müssen dennoch, angesichts der Haushaltslage, mit Ideen für die kostentreibenden Details vorsichtig umgehen und dürfen dabei aber nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Gleichzeitig sind geplante Ausgaben noch keine getätigten Ausgaben.
Und das ist gut so.
Die Zahl der Erwerbstätigen und die der Kleinkinder steigt, die Zahl der Schüler/innen und der Rentner/innen bleiben konstant. Also eigentlich so, wie man es sich wünscht. Wenn da nicht die Tatsache wäre, dass infolge des Entfalls der traditionellen innerfamiliären Arbeitsteilung die Kleinen immer häufiger einen Kita-Platz wünschen und sowieso fast alle einen Kindergarten besuchen. So kommt es, dass in Warburg und seinen Ortsteilen seit Jahren jedes Jahr weitere Gruppen eröffnet werden müssen. Ob aber auch die Erzieherinnen hierfür gefunden werden können, ist noch offen. Weiter ist für uns nicht ganz verständlich, nachdem wir in den letzten Jahren die Digitalisierung der Stadtverwaltung vorangetrieben haben, mit dem Ziel in der Zukunft Material- und vor allem Personalkosten einzusparen, warum wir drei weitere neue Stellen in der Verwaltung schaffen wollen. Für uns wäre es vorstellbar, diese Stellen durch eine interkommunale Zusammenarbeit mit unseren Nachbarstädten aufzuteilen. Wie stark diese Stellen, die Höhergruppierungen und Tarif- und Besoldungserhöhungen unseren Haushalt beanspruchen, erkennt man am geplanten Anstieg der Personalaufwendungen.
Dieser Haushalt weist am Ende einen Fehlbetrag von ca. 4 Mil. € auf. Gäbe es nicht den Vorschlag eines finanztechnischen Winkelzuges aus Düsseldorf, würden wir bereits jetzt voll in der Haushaltssicherung stecken. Wir decken den Fehlbetrag aus der Ausgleichsrücklage ab und verringern diese damit von ca. 8,9 Mio. € auf ca. 4,8 Mio. €, nachdem wir in 2019 noch ca. 2,9 Mio.€ zugeführt haben. Auch in den nächsten Jahren ist eine Deckung des Haushaltes nur durch den Eingriff in die Ausgleichsrücklage möglich. Machen wir so weiter, haben wir diese 2024 fast aufgebraucht. Das wird dann ein schweres Erbe für die kommende Generation Ratsmitglieder/innen nach der Kommunalwahl 2025.
Am Ende der heutigen Aussagen bitte ich um Verständnis, wenn die eine oder andere Feststellung vielleicht korrekturbedürftig ist und manches im Haushaltsplan übersehen oder nicht erkannt wurde, aber bitte haben Sie Verständnis, dass ein Haushaltsplan und die Wirtschaftspläne von KUW und den Stadtwerken mit über 550 Seiten nicht einfach in gut 3 Wochen durchzuarbeiten ist, wenn man bedenkt, dass die Stadtverwaltung bereits seit Monaten über dem Haushalt gebrütet hat und Stadträte im Ehrenamt keine Übermenschen sind.
Die Fraktion der Bürger Union stimmt diesem Haushalt und den Wirtschaftsplänen des KUW und der Stadtwerke der Hansestadt Warburg schweren Herzens zu und wünscht dem Kämmerer und seinen Mitarbeitern bei der Verwaltung der zur Verfügung stehenden Mittel eine gute Hand. Ich wiederhole mich nur ungern, aber geplante Ausgaben sind noch keine getätigten Ausgaben.
Am Ende gilt unser Dank dem Kämmerer Klaus Weber und dem Fleiß der Mitarbeiter/innen aus der Stadtverwaltung, dem KUW und den Stadtwerken, besonders aber dem Ordnungsamt, die zum großen Teil bis ans Limit arbeiten und mit Überstunden belastet sind.
Ein besonderer Dank gilt den unzähligen Ehrenamtlichen, die mit hohem Engagement in vielen Vereinen und sozialen Einrichtungen tätig sind und hier zum Wohl der Bevölkerung, aber auch zum Erhalt öffentlicher Einrichtungen beitragen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Warburg, 09. März 2021

Fraktionsvorsitzender der Bürger Union